Diego Velázquez ist bis heute wohl der bekannteste Hofmaler der Geschichte. Wie viel Freiheit konnte er in seinem Dienst beim König erlangen? Was hat sein berühmtes Gemälde Las Meninas damit zu tun und sind die Spannungen zwischen Zwang und Freiheit, die Velázquez erfuhr, eine bis heute strömende Quelle für die moderne Künstlerpsychologie?
In den meisten Gegenden und Ländern Europas, etwa in Frankreich, im Deutschen Reich oder in Spanien, mussten die Künstler in den Dienst eines adligen Herrschers oder eines Kirchenfürsten treten, um ihr Auskommen zu finden.
Päpste, Kaiser und Könige strebten danach, berühmte Künstler als Hofmaler zu engagieren; Bischöfe und andere Fürsten eiferten ihnen bei dieser Jagd nach Talenten nach. Der sogenannte Erste Hofmaler war für die gesamte künstlerische Innenausstattung eines Schlosses zuständig. Bei Festen und Theatervorstellungen hatte er manchmal sogar die Aufgabe, Gesichter und Körper zu bemalen. Damals galt auch dies als ehrenvolle Aufgabe, wenngleich der Meister zu den Gestaltungen oft nur die Entwurfszeichnungen beisteuerte.
Das Herrscherporträt blieb allerdings Chefsache: Dabei war das Ziel nicht ein naturgetreues Abbild. Vielmehr ging es darum, ein offizielles und eindrucksvolles Herrscherbild zu liefern, das von anderen Künstlern kopiert und auch im Ausland verbreitet werden sollte. Hier durften die Betrachter nichts Lächerliches oder Irritierendes finden, Würde und Stärke des ganzen Reiches und der ganzen Herrscherfamilie samt ihrer Vorfahren sollten in jedem einzelnen Porträt zum Ausdruck kommen.
Hofmaler wurden auch als „Spione“ losgeschickt, um Heiratskandidaten und -kandidatinnen in Augenschein zu nehmen, denn nicht immer konnte man den Malern der Gegenseite und ihren Bildern trauen. Ist die Prinzessin wirklich so schön wie auf ihren Porträts? Ist der zukünftige Bräutigam wirklich gesund und munter? Nur im Porträt des eigenen Hofmalers lag die Wahrheit, er diente seinem Herrn in der Ferne als kritisches Auge.
Manchmal konnte die langjährige Verbundenheit zwischen Maler und Herrscher vertraute, beinahe freundschaftliche Züge annehmen, beispielsweise zwischen Diego Velázquez (1599–1660) und Philipp IV., dem sechs Jahre jüngeren spanischen König. Philipp war von seinem ersten Hofmaler so überzeugt, dass er ihn 1659 sogar in den Adelsstand erhob und dessen Mitgliedschaft im elitären Santiago-Orden gegen massiven Widerstand durchsetzte. Die Vorschriften dieses Ordens sahen vor, dass man eine adlige Abstammung nachweisen konnte und keine Muslime, Juden oder Händler unter seinen Vorfahren hatte.
Schließlich sollte Velázquez beweisen, dass er es nie nötig hatte, für Geld Bilder zu malen. Dies ist schwer zu verstehen, denn was sollte schlecht daran sein, wenn man als guter und erfolgreicher Künstler seinen Lebensunterhalt verdient? Für die spanische Adelsgesellschaft galt aber jede Art von Arbeit als höchst unehrenhaft. Man ließ lieber andere für sich arbeiten – die Bauern und die Sklaven in den amerikanischen Kolonien – und zog in den Krieg, um Beute zu machen.
Nach langer Prüfung und dem Auftritt von 100 Zeugen kam man zur Entscheidung, den Künstler nicht aufzunehmen. Jetzt griff der König ein und kippte den Beschluss: Velázquez wurde Ordensmitglied und erreichte kurz vor seinem Lebensende die höchste gesellschaftliche Anerkennung, die ein Maler in Spanien bekommen konnte.
Velázquez – ein „Nobody“ schafft den Aufstieg
Velázquez kam in seiner Heimatstadt Sevilla im Alter von 11 Jahren in die Lehre beim Maler Francesco Pacheco, der nur mäßig begabt aber dafür sehr belesen und vernetzt war. Und Pacheco erkannte das Talent seines Schülers, der 1618 auch sein Schwiegersohn wurde. 1617, also mit 18 Jahren, machte sich Diego Velázquez als Meister selbstständig und bediente einige kirchliche Aufträge.
Sein eigentliches Ziel war aber die Aufnahme am Königshof. Mit einem Auftrag für ein (heute nicht mehr existierendes) Reiterportrait, den er überhaupt nur durch die Beziehungen seines Schwiegervaters ergatterte, gelang es ihm, den noch jungen König (damals 18) so zu beeindrucken, dass eine Berufung zum Hof folgte. Dort aber herrschte ein altmodischer Stil: Man malte starre, manchmal sogar grämlich wirkende Gesichter, die gegenüber der exakt wiedergegebenen Kleidung, den prunkvollen Orden und kostbarem Schmuck blass aussahen.
Auf den Menschen kam es bei dieser Hofmalerei nicht an, wichtig war allein sein Rang im Adel und am Hof. Die Malereiregeln des Könighofes schienen den jungen Velázquez aber wenig beeindruckt zu haben. Er lernte durch die Betrachtung von Bildkopien in Sevilla die Kunst Caravaggios kennen, von dem er zunächst die kraftvoll-realistische Malweise und die wirkungsvollen Hell-Dunkel-Kontraste übernahm.
Kein Wunder, dass er damit in Konflikt mit den drei älteren Hofmalern des Königs geriet. 1627 ließ Philipp sogar einen Wettbewerb unter seinen hart miteinander konkurrierenden Malern abhalten. Das Bildthema des Wettstreits war die Vertreibung der „Moriskos“ (christianisierte Mauren) aus Spanien.
Velázquez gewann den Wettbewerb und sicherte sich so in der Folgezeit Aufträge und seinen Posten am Hof. Er erhielt ein ordentliches Gehalt, dazu eine Werkstatt im Palast und eine gute medizinische Versorgung. Zudem wurde er zum „Leibtürhüter des königlichen Schlafgemachs“ ernannt. Ob er wirklich wie ein Diener vor der Tür des Schlafzimmers stehen und den Nachttopf des Königs ausleeren musste, ist höchst fraglich. Es ging wohl eher um einen offiziellen Titel für den Maler im Hofstaat, denn nur so konnte die Nähe, die er als Nichtadliger zum König hatte, gerechtfertigt werden.
In Europa war der spanische Hof damals derjenige mit den meisten und strengsten Regeln – die sogenannte Etikette. Die spanischen Edelleute, die Granden, waren in ganz Europa für ihren hochnäsigen und mürrischen Gesichtsausdruck bekannt. Noch heute sagt man in Österreich und Bayern, jemand „grantelt“, wenn er schlecht gelaunt ist. Das Wort leitet sich von den Granden ab, die damals Wien als Abgesandte des spanischen Königs besuchten.
Velázquez und seine Las Meninas – bis heute ein Rätselwerk
Velázquez unternahm Bildungsreisen nach Italien, um die Werke der italienischen Künstler kennen zu lernen und zu studieren. Wie schon erwähnt, gehörte er zu den vielen Künstlern, die von Caravaggios Malweise beeinflusst wurden, entwickelte aber sehr bald eine eigene Handschrift.
Bei Velázquez konnte der Fluss des Pinselstrichs bis an die Grenzen der Sichtbarkeit gehen, teilweise schimmert die blanke Leinwand durch die hauchdünnen Schichten. Dabei ging es Velázquez darum, den Eindruck eines flüchtigen Moments auf die Leinwand zu bannen, und trotzdem war jedes Detail wohl überlegt.
Der Maler ließ Pinselstriche und Tupfer förmlich über die Leinwand tanzen. Aus Distanz betrachtet, wirken seine Figuren und Gesichter bewegt und lebendig. Wer hingegen nahe an das Bild herangeht, für den lösen sich die Figuren in wilde Pinselstriche und Tupfer auf. Der selbstbewusste Künstler feierte in seinem Meisterwerk Las Meninas (Die Hoffräulein) von 1656 demonstrativ seine Fähigkeiten.
Aber was ist damit gemeint, wenn der italienische Barockmaler Luca Giordano das Gemälde wenig später als „Theologie der Malerei“ bezeichnete? Es gilt als eines der bedeutsamsten Rätselbilder der Neuzeit und Generationen von Künstlern verehrten dieses Werk, selbst Picasso huldigte dem Bild in einer ganzen Serie von Gemälden. Der Philosoph Michel Foucault widmete dem Werk in den 1960er Jahren einen längst berühmten Essay.
Auf den ersten Blick wirkt die Szene alltäglich. Hofmaler Velázquez steht vor einer großen Leinwand. Die kleine Prinzessin Margarita ist offenbar gerade mit ihrem Gefolge ins Atelier gekommen. Aber warum? Wen malt der Maler? In einem Spiegel an der Rückwand des großen Raums werden Philipp IV. und seine Gemahlin Maria Anna sichtbar. Velázquez zitiert mit diesem Spiegeltrick Jan van Eycks Arnolfini-Hochzeit von 1434, in der ebenfalls ein Spiegel an der Rückwand des Raumes auftaucht.
Das Van-Eyck-Gemälde befand sich im Besitz des spanischen Hofes, Velázquez wird es genau studiert haben. Auf Las Meninas scheint es, als wolle die fünfjährige Margarita ihre Eltern besuchen. Das Hoffräulein, das ihr einen kleinen Krug auf einer Schale reicht, beachtet sie nicht. Sie greift ohne zu schauen nach dem Gefäß, was sehr ungewöhnlich für ein Kind ist. Ihr Äußeres ist lieblich, doch ein Lachen kommt ihr nicht über die Lippen. Sicherlich wusste sie schon, dass eine spanische Prinzessin in der Öffentlichkeit nicht lacht.
Ihre Ausstrahlung wird noch durch die Einrahmung inmitten zweier Hofdamen gesteigert, die selbst dem oberen Adel Spaniens entstammten, der Prinzessin aber untergeordnet waren. Auch die beiden Kleinwüchsigen sollten die Wirkung des Königskindes steigern. Die kleine Frau mit dem seltsamen Gesicht ist die aus Deutschland stammende Maria Bárbola, neben ihr der Italiener Nicolas de Pertusato.
Sie wurden in der höfischen Hierarchie wie Haustiere gehalten – auch hier ist es kein Zufall, dass sie mit dem Hund eine Gruppe bilden. De Pertusato tritt nur so zum Spaß nach dem Tier – die einzige spontane, unüberlegte Handlung auf dem Bild. Kleinwüchsige hatten am Hof Narrenfreiheit und wurden zur Belustigung gehalten. Manchmal wurden sie auch an fremde Herrscher verschenkt – als „witziges“ Mitbringsel. In ihrer Anwesenheit konnten sich die Adligen am Hof besonders groß und schön fühlen. In einer ganzen Bildserie hat Velázquez die Kleinwüchsigen am spanischen Hof porträtiert.
Was ist das Besondere an Las Meninas?
Sind die Porträts von Fürsten, Königen und Kaisern nicht immer die langweiligsten Bilder in den Museen, an denen man heute schnell vorbeigeht? Dieses Gemälde ist es mit Sicherheit nicht. Wie konnte es der Künstler wagen, sich zusammen mit der königlichen Familie auf einem Bild zu verewigen? Genau genommen ist Velázquez sogar die größte Figur auf der Leinwand. Der Trick, das Königspaar in einem Spiegel an der Rückwand indirekt sichtbar zu machen und damit zu verkleinern, ist raffiniert.
Wenn Velázquez in dieser wie zufällig festgehaltenen Szene wirklich das Königspaar porträtiert hätte, müsste man nämlich viel mehr von dem Raum im Spiegel sehen, und das Paar wäre ein Detail von vielen darin. Ein echtes Doppelporträt hätte Velázquez aber so nicht malen dürfen. Es gab sehr strenge Vorgaben für die Darstellung des Königs und seiner Gemahlin, und Velázquez wusste das nur zu gut.
Als damals höchster Maler Spaniens wurde er selbst zum Handlanger der Zensur. 1635 führte er eine groß angelegte Durchsuchung der Madrider Werkstätten durch. Diese Razzia diente der Überprüfung, ob die Bildnisse Philipps IV. „dem Anstand und der Würde einer königlichen Person entsprechen“. Immerhin 46 von 84 Porträts wurden dabei beschlagnahmt: Niemand sollte sich über die festen Regeln, wie man den Regenten zu malen habe, hinwegsetzen oder sich gar über ihn lustig machen.
Die Monarchen mussten auf Bildern die Rolle einnehmen, die sie auch im realen Leben spielten, die Hauptrolle nämlich. Eine tatsächliche Anwesenheit des Königpaares, die dem Maler für Las Meninas geduldig Modell gestanden haben könnten, ist deshalb ausgeschlossen. Und trotzdem ist Velázquez’ Bild eigentlich eine Frechheit. Im gleichen Zeitraum hatte er das Königskind Margarita noch zwei weitere Male porträtiert.
Im Vergleich stellt sich heraus, dass die Prinzessin in Las Meninas den Scheitel auf der falschen Seite trägt. Zudem ist die Leinwand, an der der Künstler arbeitet, außergewöhnlich hoch. Ein solch großes Doppelporträt des Königpaares existiert nicht und ist auch in keinem Dokument verzeichnet. Also liegt die Schlussfolgerung nahe: Velázquez arbeitet auf dem Gemälde offensichtlich gerade an dem Bild, das wir hier vor uns sehen.
Aber auch wir, die Betrachter des Bildes, könnten im Mittelpunkt von Velázquez’ Interesse stehen. Wir stehen seltsamerweise genau da, wo eigentlich Philipp IV. und seine Gattin Maria Anna stehen müssten. Die königliche Familie, unter die sich der Maler hier so selbstbewusst gesellt, scheint plötzlich austauschbar. Wirklich wichtig sind die Kunst und der Künstler selbst. Die Kunst ist das eigentliche Thema dieses Bildes, und Velázquez erhebt sich über die Macht, von der er doch als Hofmaler abhängig ist.
Nun wird auch verständlich, warum man das Bild als „Theologie der Malerei“ bezeichnete, denn hier wird der Glaube an die Würde und Freiheit der Kunst gefeiert. Das macht Velázquez noch auf anderem Weg deutlich. Eingangs habe ich geschrieben, der Künstler halte hier einen flüchtigen Moment fest. Aber geht das in der Malerei überhaupt?
Die Fotografie kann einen Moment dokumentieren, ja. Aber bei der Malerei setzt sich ein Bild mit der dauernden Arbeit des Malers zusammen. Diesen „Moment“, den wir sehen, gab es so also gar nicht. Er ist eine Schöpfung des Künstlers, die sich über viele Wochen hinzog, in denen er das Bild aus seinen Elementen „zusammengebaut“ hat. Während des Malvorgangs greift der Künstler im Grunde unzähligen Momenten voraus, in denen sein Bild betrachtet wird. Das relativiert auch die Bedeutung, die der Künstler dem Urteil seiner Zeitgenossen und sogar des Auftraggebers beimisst.
Velázquez zeigt in diesem Bild sein Ideal: Der Künstler entscheidet, was er malt. Und das Bild ist fertig, wenn es der Künstler will – nicht, wenn es mit der Realität übereinstimmt. Auf Las Meninas sehen wir keinen Künstler, der, vertieft in seine Arbeit, gedankenlos vor sich hinpinselt. Er überlegt genau, denkt vielleicht über seine Möglichkeiten als Maler nach und nimmt uns ins Visier – als Motiv und als Publikum. Denn so zeitlos und unbestimmt das statische Bild ist, das der Künstler erschaffen hat, so zeitlos sind auch seine Möglichkeiten, mit uns – seinem Publikum – in Kontakt zu treten.
Das Ungewöhnliche von Las Meninas wird besonders deutlich, wenn man sich klarmacht, welchen starren Regeln Velázquez damals unterworfen war. Manchmal mag er sich nicht viel freier und beweglicher gefühlt haben als die Hofnarren und Kleinwüchsigen, die er für die Treppenhausdekoration des Prado gemalt hatte. Als Hofmaler erlebte er aus geringer Distanz die krankhafte Willensschwäche des Königs und dessen unersättliche sexuelle Begierde – immerhin wurden Philipp mehr als 30 uneheliche Kinder und zahllose Affären nachgesagt.
Velázquez kannte auch den maroden Zustand des Staatswesens: Er selbst wartete manchmal über ein Jahr auf seinen Lohn. Zuletzt hatte er den Posten des Palastmarschalls erhalten, was zwar eine hohe Stellung am Hof bedeutete, doch er musste sich auch um die Brennholzbeschaffung, die Ruhelager der Wachen und die Bettwäsche des Königs kümmern.
Der Aufstieg in den Adel scheint dem Künstler jedoch ungeheuer wichtig gewesen zu sein, zeitweise sogar wichtiger als seine Kunst. Denn die letzten Jahre seines Lebens – er starb vier Jahre nach Vollendung von Las Meninas – kam er kaum noch zum Malen. Diese Überlegungen zu Velázquez und seinem Meisterwerk bedeuten allerdings nicht, dass sich vor dem Bild automatisch tiefschürfende Gedanken einstellen. Im Gegenteil kann es einem auch einfach nur selbstgefällig vorkommen, wie sich der Künstler hier inszeniert hat.
Als der berühmte Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe Anfang des 20. Jahrhunderts den Prado in Madrid besuchte, um die bedeutendsten Werke von Velázquez zu sehen, entzündete sich eine quälende Selbstbeobachtung vor den Werken des spanischen Meisters: „Gleich im ersten Augenblick im Velázquezsaal habe ich das Gefühl, dass etwas entsetzlich Peinliches und Lächerliches passiert … Ich sehe und zwinge mich zu sehen, mit aller Spannkraft meines Sehvermögens.“
Aus heutiger Sicht ist es schwer zu begreifen, dass ein so berühmter Maler wie Diego Velázquez seine kostbare Zeit freiwillig für solche Dienste hergab, die man als Verwaltungsarbeit bezeichnen würde. Doch bei näherer Betrachtung wird klar, dass Velázquez damit die größte Freiheit erreichte, die einem Maler zu jener Zeit in Spanien möglich war.
Die vielen Ämter und Pflichten waren die Kehrseite einer großen künstlerischen Freiheit: Er musste keine Rücksicht auf Kollegen oder Zünfte nehmen. Direkt dem König unterstellt, der sich in Details nicht einmischte, musste Velázquez nicht um Kundschaft werben, für die er gefällige und modische Bilder hätte malen müssen.
Neben so selbstbewussten und trickreichen Meisterwerken wie Las Meninas gelangen Velázquez einflussreiche Neuerungen in der Porträtmalerei. Er suchte die Ähnlichkeit der Dargestellten, vermied falschen Pomp und billige Effekte. So auch bei seinen Darstellungen der Hofnarren und Kleinwüchsigen. Erkannte er in ihnen Menschen in ähnlicher Position, Außenseiter am Hof?
Es ist bemerkenswert, dass er sie mit nüchterner Sensibilität malte und in würdevollen Posen festhielt, statt sie – wie damals üblich – in Spottbildern zu verhöhnen. Darüber ist in späteren Jahrhunderten viel spekuliert worden. Für die Maler des 19. Jahrhunderts wurde Velázquez ein wichtiges Vorbild. Bis heute gilt er als der modernste Alte Meister, als Sucher der Freiheit in der Unfreiheit, mit allen Überraschungen und Unzuverlässigkeiten, die das mit sich bringt.
Wer sich hemmungslos der Meisterschaft und Cleverness dieses Inspirators der modernen Malerei hingeben und dabei trotzdem lehrreiche Lektüre zu sich nehmen möchte, dem sei Martin Warnkes „Velázquez – Form & Reform“ von 2005 ans Herz gelegt. Eines meiner Lieblingsbücher, das ich immer wieder mal auch auszugsweise lese, weil es geistreich und mit der gebotenen Distanz der Wissenschaft ein exemplarisches Künstlerleben vor 400 Jahren ungemein greifbar macht.
Und hier erfährst du Interessantes zu einem anderen Maler, der über 200 Jahre nach Diego Velázquez nicht nur technisch stark von dem spanischen Hofmaler beeinflusst wurde.