King Kunst hat die Nachwuchsgaleristin Lotta Pick zum Interview in der Relish Bar des Berliner Hotels Westin Grand getroffen. Seit Anfang 2019 betreibt sie die Open White Gallery, ein Ort für Kunst, der bisher noch nomadisch, also ohne feste Räumlichkeiten operiert. Hier liest du Ausschnitte aus einem Gespräch über Berlin, Kunst und den Rest der Welt.

Vorab noch ein paar Infos zu unserer Gesprächspartnerin: Lotta Pick ist deutsch-schwedische Berlinerin, hat in Kopenhagen Internationale Betriebswirtschaftslehre mit Kultur studiert, spricht fünf Sprachen und arbeitet aktuell nebenbei bei Kraupa-Tuskany Zeidler, einer etablierten Programmgalerie in Berlin-Kreuzberg.

Ihre Begeisterung für die Kunst entstand schon früh. Einen Schlüsselmoment bildete die Blockbuster-Ausstellung „Das MoMA in Berlin“ 2004 in der Neuen Nationalgalerie. Da war Lotta 12 Jahre alt. Doch vor der Entscheidung, sich auch beruflich der Kunst zu widmen und eine eigene Galerie zu gründen, hat sie nach dem Studium u.a. einige Jahre als Unternehmensberaterin in einer halbstaatlichen Wirtschaftsentwicklungsfirma Schwedens gearbeitet und ist viel in der Welt herumgekommen.

KK: Wie kam es eigentlich zu dem Namen deiner Galerie?

Lotta Pick: Was man mit dem Begriff „White Cube“ natürlich oft verbindet ist dieses Image des Elitären, das auch dem Kunstbetrieb anhaftet. Das steht ja im Gegensatz zu den partizipativeren Strömungen in der Kunst. Ich habe versucht, das zu verbinden. Open White Gallery ist eigentlich als „Open but White“ zu verstehen. Oder „White Cube but Open“.

Ich habe nichts gegen die Vorstellung des White Cubes – als Setting, um Kunst zu präsentieren. Viel Kunst braucht einen relativ neutralen Raum, in dem sie dem Alltag ein bisschen enthoben ist. Gerade bei vielen Bildern ist es ja so, wenn die zwischen zwei Zapfsäulen hängen oder in einem Raum, der die Hauptrolle spielen will, dann funktioniert das nicht.

Mir ist natürlich klar, dass viele Galerien mit ihren White Cubes trotzdem als zugänglich gesehen werden möchten, aber eben nicht so wahrgenommen werden. Ich versuche durch mein Auftreten und die Kommunikation schon daran festzuhalten, dass die Open White Gallery freundlich und zugänglich bleibt, auch wenn der Anspruch an die Qualität hoch ist.

Vielleicht wird die Galerie auch irgendwann nur noch OWgallery heißen, so ist sowieso schon die Abkürzung für die Website. Am Ende fand ich das einfach einprägsam.

KK: Wie bist du zur Galeristin geworden? Mit deiner beruflichen Vorgeschichte ist das auf den ersten Blick nicht das Naheliegende.

Lotta: Na, ich habe so viel Geld verdient, dass ich nicht wusste wohin damit (lacht). Nee, Spaß! Für mich ist das gar nicht so eine abwegige Wandlung, weil ich ja immer das Kunstinteresse hatte und auch direkt nach der Schule darüber nachgedacht habe, beruflich in die Richtung zu gehen. Aber ich habe mich dann technisch erst mal für die Wirtschaft entschieden, mit dem Gedanken „So, ich lerne das jetzt erst mal“, weil das auch kein Wissen ist, das in meiner Familie vorhanden gewesen wäre. Wir sind halt in dieser kapitalistischen Welt und es ist vielleicht nicht schlecht, ein bisschen was davon zu verstehen. Das war der Gedanke dahinter.

Von daher ist dieser Weg für mich nicht so unlogisch. Aber das geht wohl jedem so mit dem eigenen Lebenslauf. Es war lange mein Wunsch, das analytische, organisatorische Arbeiten mit der Kunst zu verbinden. Dass es die Form oder Gestalt einer Galerie annehmen würde, wusste ich damals natürlich noch nicht. In meiner Vorstellungswelt damals hat mir die Idee einer Galerie und dieses ganze Drumherum nicht so sehr zugesagt, aber dass ich mit Kunst arbeiten kann, was so viel mehr ist als nur irgendein Produkt, das schon. Und deswegen dachte ich mache ich’s doch einfach selber, und zwar so wie ich es für richtig halte.

KK: Gibt es einen Vorteil, dass die Open White Gallery bisher keine eigenen Räume hat?

Lotta: Aus Gesprächen weiß ich, dass viele BesucherInnen und auch einige der KünstlerInnen das spannend finden, ohne feste Räume zu arbeiten. Aber das war nie so als striktes Konzept angelegt. Ich wollte einfach anfangen und nicht so statisch vorgehen – also erst feste Räume finden und dann …, aber ich habe schon den Plan, eine feste Station zu haben. Gute Räume zu finden ist nicht so leicht. Seither stelle ich in verschiedenen Räumen aus.

KK: Als du mir das erste Mal von deiner Galerie erzählt hast, musste ich direkt an den französischen Fluxuskünstler Robert Filliou denken. Der hatte Anfang der sechziger Jahre seine Galerie Légitime zum Einsatz gebracht – bestehend aus einer Mütze. Also, er hat die Mütze auf die Straße gelegt und darin seine Kunst und auch die von Freunden ausgestellt. Dann wurde daraus später so eine Art Zylinder aus Plexiglas. Sinngemäß muss man jederzeit und überall im urbanen Raum mit einer Ausstellung von ihm rechnen. Auch bei der Open White Gallery …

Lotta Pick Open White Galerie Zitat von Robert Filliou "Art is what makes Life more interesting than art."

Lotta: Also, das erinnert mich wiederum an das Frühjahr 2021. Da habe ich den Künstler Rasmus Søndergaard Johannsen ausgestellt. Der hat ausnahmsweise sehr kleine Objekte gemacht und dann war ich dazu im Kontakt mit einer kleinen Galerie in Neukölln. Ich dachte, ich würde da nie was machen, schien mir nicht so zu meinem Programm zu passen. Aber für die Objekte war das genau richtig. Das ist also auch ein Vorteil, dass man passend zur Kunst suchen kann und die Kunst in Korrespondenz zum Umfeld setzt.

Aber die nomadische Galerie ist jetzt ja nicht ein festes Konzept. Das spiegelt eher den Entstehungsprozess meines Programms wider. Die Vorteile sind aber schon da. Denn durch die Pandemie war ja ohnehin nicht so viel möglich und ich hatte so auch keine hohen Fixkosten zu tragen. Im Idealfall entsteht durch die Kollaboration mit den Leuten, die die Räume betreiben eine neue Energie, von der alle Beteiligten profitieren. Aber der Nachteil ist natürlich die Abhängigkeit von Dritten. Ich würde schon gerne weiter im Voraus planen. Das ist oftmals nicht möglich.

Klar, leichter oder erwartbarer wäre, dass ich direkt irgendwo den White Cube anmieten würde und da die Kunst präsentiere – Hallo, das sind meine zehn Künstlerinnen und Künstler! Aber das ist ja kein Qualitätsmerkmal, nur weil ich von Tag eins so tue, als ob das eine etablierte Galerie wäre. Die müssen wir erst werden. Alles muss sich entwickeln. Und deswegen sehe ich das jetzt – auch durch die Pandemie und die noch geringere Planbarkeit – auch ein bisschen entspannter, weil ich einfach sehe, das wird ein langer Weg sein. Diese totale Planbarkeit gibt es nicht gibt. Die gibt es ja selbst für die großen Galerien nicht.

Ausstellungsansicht Rasmus Søndergaard Johannsen
Ausstellungsansicht Patterns, Objekte von Rasmus Søndergaard Johannsen, Mai 2021 (Foto: Joseph Devitt Tremblay)
Detailansicht der Arbeiten von Rasmus Søndergaard Johannsen
Ausstellungsansicht Patterns (close up), Objekte von Rasmus Søndergaard Johannsen, Mai 2021 (Foto: Joseph Devitt Tremblay)

Worüber ich mir eher Sorgen mache – weil ich schon nomadisch bin und dieses Jahr pandemiebedingt weniger gemacht habe – ist, dass die Open White Gallery möglicherweise ein Image bekommen könnte, das in Richtung temporäres Popup-Projekt geht. Weil das nicht meine Ambition ist. Und so sieht das vielleicht gerade aus. Aber die Umstände durch die Pandemie geben mir jetzt die Gelegenheit, Zeit zu investieren und bei einer etablierten Galerie mehr zu lernen.  

KK: Und wie sieht deine Erfahrung damit bei Kraupa-Tuskany Zeidler aus? Ich stelle es mir interessant vor, weil die Prozesse sicher andere sind als in einem Beratungsunternehmen.

Lotta: Ich arbeite dort in der Registratur, was nicht unbedingt meiner Persönlichkeit entspricht. Wenn es danach ginge, wäre ich wohl eher im Bereich ,Artist Liaison‘ tätig, aber das würde dann schon wieder zu sehr mit meiner eigenen Geschichte überlappen. Es macht ja keinen Sinn, jetzt ,Face of another Gallery‘ zu sein. Ich mache also eher die praktische, notwendige Arbeit. Viele der Künstlerinnen im Programm sind international auf Biennalen und Ausstellungen vertreten. Ich bin mit den Institutionen, mit den Künstlerinnen und Künstlern, mit dem Team, mit den Sammlerinnen und so weiter in Kontakt und kläre dann, was wohin geschickt wird, aber auch so Sachen wie Zollstatus etc.

Das ist gut. Ich bin im richtigen Umfeld und lerne viel. Die Alternative wäre gewesen, jetzt als zweites finanzielles Standbein einen anderen Job zu machen, aber ich denke, das würde mich von meinem Weg abbringen. Es wäre auch nicht unbedingt nötig, weil ich in der Zeit vor der Galerie ein Budget zurückgelegt habe, das ich in Ausstellungen und Messeteilnahmen investieren möchte. Keine Ahnung, ob das klug ist, das so transparent zu machen, denn man muss ja vermeintlich immer so tun, als ob alles super läuft. Aber ich find’s eigentlich auch ganz wichtig das zu erwähnen.

Portrait von Lotta Pick, Galeristin der Open White Galerie
Lotta Pick, Open White Gallery (Foto: King Kunst)

KK: Also der Lernaspekt leuchtet mir ein und spricht für die notwendige Ernsthaftigkeit bei so einem Wagnis, eine Galerie zu starten. Das ist ja kein Saisonprojekt, sondern eher dann Lebensaufgabe. Das gibt deinen Künstlerinnen und Künstlern ja auch Vertrauen. Im Gegensatz dazu gibt es ja auch immer diese Typen, die so tun als wüssten sie seit ihrer Geburt, wie alles läuft.

Lotta: Stimmt, ja. Und gleichzeitig bin ich recht froh, dass ich einfach angefangen habe. Ich habe auch eine einigermaßen realistische Sicht auf die Sache. Jeder, der sich mit den Zahlen des Marktes auseinandergesetzt hat, weiß eigentlich, dass es keine so schlaue Idee ist, eine eigene Galerie zu starten. Ich habe es trotzdem gemacht, also ich bin nicht blauäugig rangegangen. Ich bin auch froh, dass ich nicht so eingeschränkt war von einer Vision einer anderen Galerie, wo ich dann vielleicht jahrelang davor gearbeitet hätte und dann Gefahr liefe, nur eine Kopie zu sein oder das Wagnis am Ende gar nicht einzugehen.  

Open White Gallery: Malereien von Inna Levinson
In your face, Ausstellungsansicht mit drei Malereien von Inna Levinson, Juni 2021 (Foto: dotgain.info)

KK: Du hast deine realistische Perspektive schon erwähnt. Wie bewertest du die Chancen als Nachwuchsgaleristin in Berlin? Ist die Stadt nach fast 30 Jahren Hype noch ein guter Ort dafür, eine Galerie zu eröffnen?

Lotta: Ja, der Realismus kommt vielleicht durch meinen Wirtschaftsbackground. Und ich kriege auch im Gespräch mit anderen Galeristinnen und Galeristen mit, wo die Verkäufe hingehen. Eben nicht nach Berlin. Klar, das kommt auf die Galerie drauf an, aber statt nach Berlin oder Deutschland geht natürlich viel nach Amerika oder in den asiatischen Raum. Und trotzdem ist das ein guter Ort zu sein – sagt die Berlinerin (lacht).

Es geht nicht nur um Absatz. Deshalb würde ich auch nicht nach München gehen, da hätte ich sicherlich bessere Chancen, dass sich die Galerie innerhalb kürzerer Zeit von selber trägt. Aber ich schätze an Berlin vor allem das Publikum für Kunst. Das ist kritisch. Es gibt auf allen Ebenen Kunst – vom kleinen unkommerziellen Project Space – nach wie vor – bis zur großen internationalen Galerie.

Da sind Leute unterwegs, die sind dann vielleicht auch nicht so leicht zu begeistern und mir ist schon das kritische Publikum wichtig. Das hat man natürlich auch in anderen Städten, wie in Köln beispielsweise. Ich kenne Köln jetzt noch nicht so gut wie Berlin, aber was ich da schön finde, dass es dort auch eine recht wertschätzende junge Galerienszene gibt.

Charlotte Duale Ausstellungsansicht Open White Gallery
Charlotte Dualé on Turmstraße, Ausstellungsansicht, Mai 2020 (Foto: Chroma Istanbul)

KK: Hast du sichere Kanäle, die dir Feedback zu den Ausstellungen geben?

Lotta: Irgendwie tauscht man sich zu der Kritik oder zu der Bewertung aus. Hm, das sind zum einen Künstlerinnen und Künstler, mit denen ich auch arbeite, die ich inzwischen einfach besser kenne, dass wir uns auch ehrlich darüber unterhalten können. Ich würde mir auch in Ausstellungssituationen ehrlichere Gespräche wünschen. Ich verstehe, dass das nicht immer möglich ist, weil das auch mitunter recht intim sein kann und auch unhöflich vielleicht, wenn’s einem nicht gefällt, aber ich finde das schade.

Vielleicht klinge ich da auch noch total naiv. Diese tieferen Gespräche fehlen mir schon manchmal sehr. Aber ich muss mir dann den Input ein bisschen anders suchen. Man kann bei einer Ausstellungseröffnung nicht unbedingt erwarten, dass sich die Leute die Zeit nehmen für so was. Zumal ja eine fundierte Kritik oder Meinung auch ein bisschen Zeit braucht und nicht immer direkt vor Ort eine Bilanz gezogen werden kann.

Open White Gallery: Werke von Rasmus Søndergaard Johannsen und Liesel Burisch
Final Take A Sporadic Ausstellungsansicht mit Skultpuren von Rasmus Søndergaard Johannsen und einer Video- und Soundarbeit von Liesel Burisch, Januar 2020 (Foto: Chroma Istanbul)

Was denkt Lotta über schnelle Urteile vor einem Kunstwerk?

KK: Die Situation vor einer künstlerischen Arbeit interessiert mich besonders, weil sie viele Unsicherheiten mit sich bringt. Häufig sind das ja auch einfach fragmentarische Gedanken, die man im vertraulichen Gespräch loswerden kann. Oft genug flieht man aber auch in die Ironie oder hält sich an einer Referenz fest, die man entdeckt – ‚Erinnert mich an XY‘, so in der Art.

Lotta: Das ist auch eine Fähigkeit, die man mit der Kunst lernen kann – besonders für Leute, die mit Kunst nichts am Hut haben: erst mal den Zustand annehmen, wie er ist und mehr Fragen zu stellen als gleich zu bewerten. Die naive Neugier gerät bei den vielen Ritualen, auch in der Ausstellung, schnell unter die Räder. (Was macht das mit mir, was sind die Gedanken des Künstlers oder der Künstlerin dahinter? Das fällt zu schnell in das Schema ‚Finde ich die Ausstellung gut oder schlecht?‘)

Aber darum geht’s ja in der Einfachheit gar nicht. Das fällt mir auf, wenn ich Personen in einer von mir organisierten Ausstellung begrüße, die eher kommen, weil sie mich z.B. aus meiner beruflichen Vergangenheit kennen, nicht primär, weil sie an der Kunst interessiert sind. Das sind supersmarte Leute, die sind auf Zack. Verstehst du? Aber denen fehlt teilweise so eine Freiheit. Sie müssen es gleich einsortieren können, verstehen und abhaken. Als wären sie ein bisschen darin gefangen, dass sie denken, es gibt jetzt was zu verstehen und ich muss mir auch direkt eine Meinung bilden.

Das ist natürlich legitim, wenn einem eine Arbeit nicht zusagt und man sich nicht damit groß auseinandersetzen möchte. Aber ich sehe da immer eine Chance, wenn das Miteinander vor einer künstlerischen Arbeit in die Richtung geht: ‚Hilf mir zu verstehen/nachzufühlen, wie du denkst‘.

Open White Gallery: ein Werk von Martin Aagaard Hansen
Sun Oil Ausstellungsansicht mit Landscape without distressed ghost (2020) von Martin Aagaard Hansen, September 2020 (Foto: Chroma Istanbul)

KK: Egal, wie lang man dabei ist und wie viel Erfahrung oder Wissen man bezüglich Kunst hat – man muss sich doch immer wieder neu „kalibrieren“, damit ein Kunstwerk, dem man begegnet, überhaupt eine Chance hat. Das erlebe ich selbst so; nicht schnell zu urteilen. Und selbst wenn, kann das eine sehr fruchtbare Begegnung sein.

Selbst ein „schlechtes“ Werk kann einem helfen, dass man einen guten Gedanken dabei hat oder im Gespräch weiterkommt und in dem Moment ist es kein schlechtes Werk mehr. Es kann in den Status zurückfallen danach oder so und man wird langfristig vielleicht nicht wieder darauf zurückkommen, aber der Moment kann trotzdem gut und kostbar sein. Das ist für mich eine der Möglichkeiten, die das uralte Format der Ausstellung immer noch so erlebenswert macht.

Meine Erfahrung ist auch, dass ganz viele es nicht aushalten, vor einem Werk zwei oder drei Minuten zu schweigen. Also auch viele Künstler und Künstlerinnen nicht.

Lotta: Wenn die Arbeit von ihnen selber ist?

KK: Nee, ich meine, wenn Künstler und Künstlerinnen die Werke von anderen sehen, also als Kunstrezipienten. Dann kommt das oft mit viel Ironie und eben nicht diesem Aushalten. Ich plädiere dann eher fürs Schweigen statt Ironie. Ich bin da auch selbst nicht ganz frei davon, dass man sich in die Ironie flüchtet – so dass man eine andere Szene daraus macht und schauspielert. Aber wie sieht es beim Atelier aus? Ist dir der Atelierbesuch wichtig?

Lotta: Auf jeden Fall, das gehört für mich schon dazu. Durch die Gespräche gibt es immer noch was dazu, dass man mehr versteht, was für Gedanken mit einfließen in die Arbeit. Außerdem habe ich so die Möglichkeit, noch mehr Arbeiten zu sehen, auch frühere eventuell und den Kontext, in dem die Arbeiten entstehen.

KK: Hast du auch mal negative Erfahrungen gemacht?

Lotta: Nicht wirklich. Vielleicht am Anfang, wo ich selber noch nicht so lange in der Kunst war, dass es vielleicht ein bisschen was Entmystifizierendes hatte in mancher Hinsicht, also wenn man was in der Arbeit oder einem Element sieht, was einen echt verzaubert. Dann mag das für einen selber so eine große Bedeutung haben und man merkt, für die Künstlerin oder den Künstler war das etwas ganz Beiläufiges, im Sinne von ‚Ach so, ja, das ist dann so runtergetropft‘ (lacht).

KK: Also meine persönliche Haltung dazu ist tatsächlich die, dass ich eigentlich vom Künstler oder von der Künstlerin gar nichts dazu hören will, weil diese Statements gar nicht unbedingt zum Verständnis der Kunstwerke beitragen oder die Interpretationsbreite dadurch unnötig eingeengt wird. Diese Beiträge scheinen ja besonders autorisiert, weil sie von denen stammen, die die Werke geschaffen haben. Dabei sind die oder sollten die doch frei sein. Das Werk entsteht ja erst durch den „Dialog“ mit denen, die es betrachten.

Lotta: Kann ich auch sehr gut verstehen. Also ich meine, ich habe schon auch einfach mein Interesse am Menschen und klar, wenn es Leute sind, mit denen ich mir potenziell eine Zusammenarbeit vorstellen kann, dann macht das auch aus ganz anderen Gründen noch Sinn, dass man dieses persönliche Gespräch im Atelier sucht. Aber ansonsten habe ich auch nicht das Gefühl, dass ich meinen Eindruck verifizieren müsste durch das persönliche Gespräch mit der Künstlerin und dem Künstler. Also wenn ich was gut finde und mehr als eine Arbeit, dann weiß ich das schon, dann bin ich mir sicher. Da muss ich nicht nochmal kurz nach der Persönlichkeit dahinter gucken.

Andersherum ist es vielleicht dann eher so, wenn einem etwas nicht so ganz zusagt oder sehr sperrig ist, dass das persönliche Gespräch den Zugang erleichtern kann. Ich habe auch tolle Leute kennengelernt, deren Arbeiten mich zuerst gefesselt haben und dann bin ich auch nicht überrascht, wenn da ein toller Mensch dahinter steht. Das ist eine sehr interessante Art und Weise, Leute kennenzulernen.

KK: Das nehme ich jetzt mal als Schlusswort. Vielen Dank, dass du dir Zeit für dieses Gespräch genommen hast. Ich wünsche dir und deinen Künstlerinnen und Künstlern alles Gute und freue mich auf eure nächsten Ausstellungen.

Mehr zu Lottas Programm findest du auf der Website der Open White Gallery.

Mehr zum Thema „Sprechen über Kunst“ findest du hier.

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